Zeitzeugen III

Josef Köhler geriet am 30.01.1943 in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Über die Umstände der Gefangennahme herrscht Unklarheit, es scheint sich um ein geplantes Überlaufen gehandelt zu haben. In einigen Publikationen und Dokumenten (z. B. bei Liebermann) ist die Rede von einem Überlaufen am Heiligabend 1942. Daraus resultiert die Möglichkeit einer bereits zu dem früheren Zeitpunkt erfolgten Gefangennahme, die zum Kontakt mit Frontbeauftragten des NKFD geführt haben könnte. In deren Auftrag könnte Josef Köhler nochmals zur Einheit zurückgekehrt sein und Kameraden zum Überlaufen überredet haben. Die Schilderung in einem Protokoll des MfS von 1988 lässt auf russische Sprachkenntnisse am 30.01.1943 schließen, die durch diesen Kontakt erklärt wären.
Für den Zeitraum Februar 1943 bis Januar 1946 gibt es nur die Aussagen von Josef Köhler über den Ablauf der Kriegsgefangenschaft.  Eine Bestätigung von Lageraufenthalten durch russische Archive gibt es erst ab Januar 1946.
Die Zusammenfassung liefert: Josef Köhler in einem Lebenslauf von 1950:

Vom 30.1.43 bis 1.4.43 war ich im Arbeitskommando des Stabes einer sowjetischen Division, wo ich zeitweilig im Verlaufe der Angriffe der Sowjettruppen auf die Stadt Rostow als Radio (Lautsprecher-) redner eingesetzt wurde. Dabei wurde ich Ende März 43 zweimal verwundet.
Vom 1.4.43 bis 17.9.1943 war ich im Lazarett des Lagers 108 (Beketowka) wo ich als Propagandist arbeitete. Vom 17.9.43 bis 7.12.43 arbeitete ich als Bevollmächtigter des „Nationalkomitees Freies Deutschland“ im Lazarett Leschnowo (NKFD).
Vom 17.12.43 bis 1.4.44 war ich Lazarettältester im Lazarett für kriegsgefangene Offiziere des Lagers Nr. 160 Susdal.
Vom 1.4.44 bis 23.6.44 war ich Bevollmächtigter des NKFD im Offizierslager 160 Susdal.
Vom 26.6.44 bis 1.9.44 arbeitete ich war ich Arbeiter [?] beim Aufbau des Traktorenwerkes in Wladimir.
Vom 1.9.44 bis 30.4.47 Leiter der Produktionsabteilung der Lagerverwaltung des Lagers 190 des MDI [MWD T.K.] in Wladimir.

Die Archivauskunft des FSB bestätigt für diesen Zeitraum nur die Gefangennahme am 30.01.1943 und den Aufenthalt im Lager 7190 / Wladimir ab Januar 1946.

Als zweifelhafter Hinweis erscheint mir die Eintragung im Arbeitsbuch von 1954, ausgestellt vom Rat des Stadtbezirkes XI der Stadt Leipzig. Dort ist für 1944 – 1946 ein Studium an der Universität Ulan Bator M.V.R. (Mongolische Volksrepublik) eingetragen. Auch in einem Fragebogen von 1954 steht: “ Haben Sie an Lehrgängen teilgenommen? 1944-46 Ulbat“ , was diese Behauptung (wenn man Ulbat als Abkürzung für Ulan Bator nimmt) stützt. Dafür gibt es aber keinen Nachweis.
Einen Nachweis für den Besuch einer Antifaschule oder einer anderen Einrichtung, könnten die „Männer mit Orden“ darstellen, wenn es gelänge, die abgebildeten Personen zu identifizieren.
Für diesen Zeitraum gibt es nur zwei Namen von Mitarbeitern des Nationalkomitees Freies Deutschland in den Unterlagen. Diese sind Knittel, ein Berliner Kommunist und Emigrant, und Leutnant Mlynek.

Zeitzeugen II

Josef Köhler wurde am 23.6.1942 zur Deutschen Wehrmacht einberufen. Die infanteristische Ausbildung erfolgte beim 465. Infanterie-Ersatz-Bataillon in Neustadt an der Mettau (CSR), und endete am 1.7.1942. Nach Beendigung der Ausbildung erfolgte eine Abkommandierung zu einem Kriegsoffiziersbewerber (KOB) Lehrgang in Josefstadt (CSR), der bis zum 15.9.1942 dauerte. Nach dessen Abschluss wurde Josef Köhler zum Gefreiten befördert. Nach der Ausbildung fuhr Josef Köhler vom 15.9.1942 bis 1.10.1942 auf Urlaub zu seinen Eltern nach Fleyh.
Am 1.10.1942 wurde er von Dresden-Übigau aus an die Front geschickt, wo er am 10.11.42 im Gebiet der Stadt Tschir ankam.
Bis 22.11.42 befand er sich im Bestand des 384. Feld-Ersatz-Bataillons am Don in den Wäldern neben dem Dorf Kissel-Jakow.
Im Dezember 1942 begann der Rückzug der 384. Infanterie-Division über Dubiniski in das Dorf Dimitrewka. Er erkrankte an Ruhr und lag dort vom 10.1.43 an im Lazarett. Mit dem Lazarett der 384. Infanterie-Division kam er am 29.1.1943 in Stalingrad an.
Die 384. Infanterie-Division wurde im Januar 1943 vernichtet, die Einheit zu der Josef Köhler gehörte wurde der 71. Infanterie-Division angeschlossen. Diese wurde ab dem 27.01.1943 von Generalmajor Heinz Roske kommandiert.
Am 30.1.43 wurde Josef Köhler mit 48 Mann auf ein Stoßtruppunternehmen geschickt und kam in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Es ist möglich, dass die Abteilung zu Sowjetarmee überlief.
Zu diesem Zeitraum sind mir leider keine Namen von Kameraden oder Freunden bekannt. Es ist in Aussagen über die Gefangennahme von einem Unteroffizier aus Leipzig die Rede, dessen Name aber nicht genannt wird. Möglich ist, dass die Personen aus einem Fragment, des Versuches der literarischen Aufarbeitung dieser Zeit, mit den richtigen Namen benannt sind. Diese sind Heinz Kaminsky, Jürgen Marlott, Hegelwald, Engler, Hibert, Ausbildungsoffizier Netzband, Ausbildungsoffizier Schröder, Unteroffizier Papendick und Oberleutnant Knösel.
Des Weiteren ist die Rede von der „Etzelbühne“, die an einem der Ausbildungsorte gewesen sein soll.
Weitere Angaben über die Zeit bei der Deutschen Wehrmacht habe ich leider nicht. Über Informationen zu diesem Komplex wäre ich sehr erfreut.

Zeitzeugensuche 1

An dieser Stelle beginne ich mit der Suche nach Zeitzeugen für die Jahre bis 1960.

Unklar ist noch der Zeitraum ab 1939, als das bischöfliche Knabenseminar in Mariaschein geschlossen wurde. Josef Köhler schrieb in verschiedenen Lebensläufen der späteren Zeit, dass er die Gymnasien in Dux und Brüx besuchte. Leider sind keine Schulunterlagen mehr vorhanden, aber es gibt ein Bild welches diesem Zeitraum zugeordnet werden kann.
Weiterhin wurde von einer Mitgliedschaft in der Hitlerjugend (HJ) geschrieben und von der Arbeit in der „Banntheatergruppe“. Auch hierzu gibt es keine Unterlagen, aber ein Foto zeigt Josef Köhler als Mitglied eines Orchesters. Ausserdem taucht im Zusammenhang mit, der von ihm behaupteten, unehrenhaften Entlassung aus der HJ der Name Josef Slabyhoudek aus Oberleutensdorf auf.

Im Jahre 1941 ging Josef Köhler nach Leipzig um sich an der Berlitz-School zum Dolmetscher ausbilden zu lassen. Auch hier sind keine Unterlagen mehr vorhanden. Als einziger Anhaltspunkt kann hier seine Meldeadresse aus dieser Zeit betrachtet werden. Er wohnte laut Meldekartei in der Pflugkstrasse 11, bei der Witwe Langhammer. Mit deren Tochter Ruth hatte er später auch noch Briefkontakt.

In dieser Zeit hat er nach seinen Angaben im „Privatinstitut Breitfeld“ als Nachhilfelehrer für Latein und Altgriechisch gearbeitet und Vorlesungen am Institut für Journalistik der Universität Leipzig besucht. Auch dazu sind keine Unterlagen vorhanden.
Für neue Informationen zu diesem Zeitraum wäre ich sehr dankbar.