1959 – 1960 Jahreswechsel und Vorschau

Zum Jahreswechsel war Josef Köhler noch inhaftiert. Inzwischen waren auch die Gründe für die Verhaftung bekannt geworden, sie erstreckten sich über den Besitz und Vertrieb von Schriften und Abbildungen mit pornographischem Inhalt bis hin zu subversiver Tätigkeit. Also eine Sammlung von Beschuldigungen, die es ermöglichte ihn in Haft zu behalten, bis etwas Zutreffendes gefunden wurde.

Renate Köhler sollte eigentlich mit den zwei Söhnen zu Hause bleiben, aber durch den Ausfall des Hauptverdieners, sah sie sich gezwungen im Januar eine Stelle als Kindergärtnerin anzunehmen. Beide Söhne konnte sie in den Kindergarten mitnehmen.

Aus dem Übersetzerkollektiv Leipzig wurde nicht der geplante bezirksgeleitete Betrieb, in die bereits angemieteten Räume in der Dr.–Kurt–Fischer-Strasse 52 (heute Pfaffendorfer Strasse) zog die Leipziger Zweigstelle des „Globus–Übersetzungs- und Zeitungs-ausschnittdienst Berlin“ ein. Für die vorhandenen Möbel wurde eine Entschädigung von 900,- Mark durch den damaligen Leiter dieses Betriebes, Egon Schlesinger gezahlt.

Aus dem „Globus–Übersetzungs- und Zeitungsausschnittdienst Berlin“ wurde später der „Intertext-Fremdsprachendienst der Deutschen Demokratischen Republik“, der den Sitz der Leipziger Aussenstelle noch lange in diesen Räumen hatte.

Es sollte noch weit über den Jahreswechsel hinaus dauern, bis Josef Köhler wieder nach Hause kam.

1959 – Heiligabend

Der 24. Dezember 1959, ein Donnerstag, war angebrochen. Die Familie Köhler, bestehend aus den Großeltern Philomena und Anton Köhler, den Eltern Renate und Josef Köhler und den viereinhalb und zweieinhalb jährigen Söhnen, bereitete sich auf das Weihnachtsfest vor.
Wahrscheinlich  setzten Anton und Josef  am Morgen den Weihnachtsbaum in den Ständer ein, das Essen für die Feiertage wurde vorbereitet, die Geschenke wurden eingepackt und am Abend wollten alle gemeinsam die Christmette besuchen.
Gegen 16.00 Uhr, Josef war gerade dabei den Baum zu schmücken, klingelte es und zwei Männer, die sich als Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) auswiesen, standen vor der Tür und forderten Josef Köhler auf, sie zwecks einer Befragung zu ihrer Dienststelle zu begleiten.
Wir sollten ihn an diesem Weihnachtsfest nicht wieder zu Gesicht bekommen.

1959 – Das Jahrzehnt geht zu Ende

Die Existenz des Übersetzerkollektives Leipzig ist nicht durch Unterlagen belegt, aber es existiert zumindest die Postkarte eines Mitgliedes, Leo Peter Rudel, vom 27.07.1959 an das damalige Büro in der Wohnung von Josef Köhler.
Ab 01.01.1960 sollte aus dem Übersetzerkollektiv ein bezirksgeleiteter volkseigener Betrieb (VEB) für technische und wissenschaftliche Übersetzungen gegründet werden. Zu diesem Zweck wurden Räume in der Dr. – Kurt – Fischer – Str. in Leipzig angemietet und eine erste Büroausstattung wurde gekauft.
Zum Jahresende sollten die Anstellungsverträge für die Mitarbeiter ausgestellt werden.
Josef Köhler arbeitete als freiberuflicher Übersetzer und Dolmetscher, über einzelne Aufträge im Jahre 1959 ist nichts bekannt, aber die Einkommenssteuererklärung für 1959 zeigt, dass er mit dieser Arbeit auch Geld verdiente.
Im Jahre 1959 ging er auch weiterhin seiner Arbeit bei der Nationalen Front der DDR nach.
So weit waren also die Pläne für die 60er Jahre bis zum 24. Dezember 1959 gediehen.