Ski fahren

Wenn ich heute aus dem Fenster sehe und Leipzig im Schnee „versinkt“, fällt mir ein, dass ich zwar schon über Ungarn und den Zeltplatz geschrieben habe, aber noch nicht über den Wintersport.
Mein Vater ist ja im Erzgebirge, sozusagen mit den Ski an den Füßen, zur Welt gekommen und war ein exzellenter Skifahrer. Das bedeutet, dass auch mein Bruder und ich bereits im Alter von 5 bis 6 Jahren die ersten Ski bekamen und in Leipzig, auf den Hügeln im Rosental, die ersten Versuche machen.

1967 wurde es ernst. Wir fuhren zum ersten Mal nach Klingenthal, welches damals noch schneesicher war, zum Wintersport. Unsere Unterkunft war das „Hotel zur Post“, bewirtschaftet von Familie Seim. Nach heutigem Standard eine Frühstückspension.  Jeden Tag ging es nach dem Frühstück zum Skihang, Vater sparte sich eine Skischule für uns und unterrichtete uns selbst. Das klappte nicht wirklich gut, mein Bruder und ich hatten keine Lust und unserer Mutter machte es auch keinen Spaß. Besonders belastend war es, wenn wir morgens nach Mühlleiten mit dem Bus fuhren, dort am Hang übten und im Anschluss über den Aschberg, an der Vogtlandschanze vorbei nach Klingenthal zurück fuhren. Der eigentliche Grund für unsere Probleme lag darin, dass unser Vater der Meinung war, dass die Länge der Ski etwa der Körpergröße plus 25 % betragen musste. Plastiklaufsohlen waren verpönt und die hohe Kunst des Wachsens der Ski beherrschte unser Vater zwar in der Theorie, aber mit der Praxis gab es Probleme. So kam es also, dass wir mitunter 30 cm dicke Schneeklumpen unter den Ski hatten. Aber trotzdem waren die Urlaube schön, im Hotel waren immer dieselben Familien, wir hatten dort Freunde, mit denen wir jahrelang zusammen waren und uns später auch außerhalb der Winterferien trafen.
So fuhren Petra Pilz und ich 1972 zusammen in die Sommerferien, Wolfgang Weiß fuhr 1973 mit meinem Bruder und mir nach Ungarn und Jürgen Friebel wohnte, während seines Medizinstudiums, zeitweilig bei uns.

1972 waren Klingenthal und Mühlleiten nicht mehr schneesicher und wir fuhren ab diesem Jahr nach Kliny, das ehemalige Göhren, einen Nachbarort von Fleyh (Flaje), dem Geburtsort unseres Vaters. Inzwischen waren meine Probleme mit dem Skifahren schon Geschichte, es war inzwischen eine Sportart die ich liebte und bis zu meinem schweren Skiunfall 1980 auch jedes Jahr ausübte. Die Familie Pilz fuhr mit uns gemeinsam auch noch nach Kliny, aber 1974 oder 1975 riss der Kontakt ab.
Meine Eltern fuhren noch bis 1980 in den Wintersport, gaben diesen dann aber aus Gesundheitsgründen auf.

1970 – 1972

In vorherigen Beiträgen erwähnte ich bereits einen Lebenslauf, den mein Vater Anfang der 70er Jahre geschrieben hat. Ich konnte diesen inzwischen auf Mai 1972 datieren und möchte mich hier wieder auf diesen Lebenslauf beziehen.
Was ich, als damals 15jähriger, nicht wusste war, dass die Krankheiten meines Vaters ihn dazu brachten, die Arbeit als Dolmetscher ganz aufzugeben und sich auf den Unterricht an der Volkshochschule und das Übersetzen zu konzentrieren.

Hinsichtlich meiner Gesundheit leide ich an einer Leberschwellung, Kreislaufstörungen und habe eine schwere Nierenbeckenentzündung im vergangenen Jahr hinter mich gebracht.

Durch die gesundheitlichen Probleme bedingt, wurde auch die Erholung immer wichtiger für ihn. Nachdem wir im Jahre 1969 beim Bruder unserer Mutter unseren Urlaub verbracht hatten, kauften meine Eltern sich im Jahre 1970 ein Kajütboot. Zu diesem Boot muss ich einfach ein paar Anmerkungen machen, da es aus späterer Sicht ein unüberlegter Kauf war, der in der Folge Probleme mit sich brachte.
In einer Zeitschrift, ich glaube es war die „Wochenpost“, wurde dieses Boot zum Kauf angeboten, der Liegeplatz war in Halle/Saale. Meine Eltern fuhren dort hin, sprachen mit dem Besitzer, der gleichzeitig der Erbauer war und wurden sich schnell einig. Dieses Boot war ein Mittelkajütboot, d.h. der Führerstand war vor der Kajüte. Um ins Heck zu kommen musste man durch diese hindurch gehen. Im der Kajüte waren rechts und links je zwei Kojen übereinander angeordnet, mit einer Länge von ca. 1,75 m. Ein Schrank an jeder Seite schloss die Inneneinrichtung ab.
Im Heck waren rechts und links die Motoren, im Anschluss an die Kajütwand, fest eingebaut. An Backbord ein Fiat-Motor Baujahr ca. 1935 mit 26 PS, an Steuerbord ein Wartburg- Motor mit900 cm³,  unbestimmten Baujahres. Diese waren in Holzkästen eingebaut, die als Sitzplätze verwendet werden konnten. Dazu kam noch eine Sitzbank am Heck, das wars auch schon. Das Boot war ca. 6 m lang und 2 m breit und hatte den Namen „Faun“.
1970 wurde das Boot im Frühsommer von Halle über die Saale, die Elbe und die Havel zum Grundstück unseres Onkels überführt und im Sommer fuhren wir die Havel aufwärts in Richtung Potsdam. Dort fanden wir einen kleinen Zeltplatz am Templiner See, damals noch privat betrieben, der sich an das Forsthaus „Gaisberg“ anschloss. Dieser Zeltplatz sollte bis 1989 das Sommerquartier unserer Familie bleiben. Da die Reisen innerhalb der DDR von Leipzig nach Halle, nach Premnitz oder nach Potsdam ziemlich umständlich waren, machten unsere Eltern im Winter 1970/71 beide den Führerschein und im Frühjahr 1971 kauften sie ihr erstes Auto. Einen Moskwitsch 403, Baujahr 1964, den sie einem Bekannten abkauften.
Für diese Anschaffungen reichte das Ersparte aber nicht, so dass sich unsere Eltern bei Kollegen und Verwandten verschuldeten.

Unsere Familie in den 60er Jahren

Bevor ich die 60er Jahre abschließe und mit dem neuen Jahrzehnt beginne, möchte ich noch einige Worte zu den Lebensumständen unserer Familie verlieren.
Wir wohnten also mit drei Generationen in einer viereinhalb Zimmer Wohnung mit zwei getrennten Küchen. Die getrennten Küchen waren notwendig, da sich unsere Mutter und unsere Großmutter in einer Küche nie vertragen hätten. Eineinhalb Zimmer hatten unsere Großeltern, ein Zimmer war die „gute Stube“, ein Zimmer kombiniertes Arbeits- und Elternschlafzimmer und das andere unser Kinderzimmer – eine große Bürgerwohnung von insgesamt rund 130 m², mit vier großen Berliner Öfen, zwei Küchenöfen einem Badeofen und einem „Kanonenofen“. Allein das Heizen im Winter war schon viel Arbeit. Gekocht wurde mit Gas, und bevor der erste elektrische Kühlschrank gekauft wurde, stand im Flur ein Eisschrank. Ich erinnere mich, dass morgens der Eismann kam und Eisblöcke brachte die dann in diesen Schrank gelegt wurden, wo sie langsam abschmolzen und somit die Lebensmittel kühlten. Man musste aber stets aufpassen, dass die Auffangschüssel nicht überlief.
Die drei Räume, die von unseren Eltern und uns Kindern bewohnt wurden, hatten Parkettfußboden und Stuck an den Decken. In den übrigen Räumen waren die Fussböden mit Dielung bzw. in den Nassräumen mit Estrich versehen.
Am beeindruckendsten war das Arbeitszimmer unseres Vaters, dazu gibt es eine Geschichte:
Ende der 40er, Anfang der 50er Jahre beschlagnahmte die FDJ-Stadtleitung die Villa des Baedeker Verlages in der Käthe-Kollwitz-Straße. Unser Großvater hatte seine Werkstatt gleich um die Ecke und somit wurde er beauftragt das Arbeitszimmer – diese bürgerlich dekadenten Möbel – zu Brennholz zu verarbeiten. Da unser Vater sich gerade selbständig machte, tat Opa dies nicht, sondern er baute die Möbel auseinander, transportierte sie in einem Leiterwagen nach Hause und baute sie dort wieder zusammen. Leider gelang es ihm nicht, alles zu retten. Einige Glasteile wurden vorher schon zerstört. Als unsere Eltern die Wohnung nach der Wende aufgeben mussten, verkauften sie diese Möbel an einen Architekten aus Köln. Leider habe ich noch kein Bild gefunden, auf dem dieses Zimmer abgebildet ist. In späteren Jahren war die Baedeker Villa das Leipziger „Jugendtouristenhotel“, ich habe an einigen Wandtäfelungen die Verzierungen des Arbeitszimmers wiedergefunden.
Als unsere Mutter sich ebenfalls selbständig machte, zuerst als Schreibkraft für unseren Vater, später auch als Übersetzerin, wurde eine Reinigungskraft benötigt. Also kam von da an jeden Donnerstag früh zuerst eine Frau Kuss aus Wiederitzsch, später eine Frau Rojahn, die gleich bei uns in der Nähe wohnte. Am Donnerstag wurde also eine Grundreinigung aller Zimmer gemacht, selbst unser Vater musste an diesem Tag sein Arbeitszimmer für eine Stunde verlassen. Die beiden Frauen gehörten sozusagen fast zur Familie. Mein Bruder und ich besuchten die Familie Kuss auch manchmal. Sie hatten eine deutsche Schäferhündin, mit der wir gern spielten, und es war schön, mal von zu Hause wegzukommen.
Einschließlich der Friseuse, die zu unserer Mutter nach Hause kam, der Reinigungskraft, der sonntäglichen Kirchgänge und überhaupt der freiberuflichen Tätigkeit unserer Eltern, lebten wir also in einem für die DDR atypischen Haushalt.