Im Artikel Zeitzeugen V habe ich eine Angabe zur ersten Wohnanschrift von Josef Köhler in Leipzig, nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft, gemacht. Diese möchte ich hier präzisieren.
Nach dem Ergebnis meiner Recherchen im Einwohnerverzeichnis von 1949 wohnte Josef Köhler bei den Eheleuten
Hunger, Arno – Bäckermeister und
Hunger, Elli – Besitzerin eines Tabakwarenladens
in der Lindenthaler Str. 57 (Parterre), Leipzig N 22
Auch die Angabe zu Elsbeth Krüger kann ich präzisieren, sie war tätig als Polizei Assistent, evt. in der Pressestelle des Polizeipräsidiums.
Zeitzeugen IV
Ab Januar 1946 ist der Aufenthalt von Josef Köhler in den Teillagern des Kriegsgefangenenlagers 7190 – Wladimir dokumentiert. Die Archivauskunft des FSB, Briefe von Kameraden wie H. Pochert und Hans Mahr und die Bücher von Mischket Liebermann und Heinrich Gerlach bestätigen dies. Auch das Büchlein „Erinnerungen“ kann man als Quelle benutzen. Dort sind Eintragungen von Kameraden, Gedichte, Zeichnungen und Berichte über die Kulturarbeit enthalten. Eine Namensliste aus diesem Büchlein habe ich bereits veröffentlicht.
Hier nochmals eine kurze Zusammenfassung der Zeit in den Lagern, die sich aus seinen eigenen Angaben ergibt.
1. Januar 1946 bis Anfang 1947 – Leiter der Produktionsabteilung der Lagerverwaltung, Lager 7190/I
2. Anfang 1947 bis Mitte 1948 – Lager 7190/III Dolmetscher bei der Untersuchungskommission für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Bataillonsführer
3. Mitte 1948 bis September 1948 – Leiter Sammellager 7190/V
Geht man von den Poststempeln der Karten aus der Kriegsgefangenschaft aus, so lässt sich der Aufenthalt in den Teillagern 7190/I, 7190/III und 7190/XII belegen.
Für die in Punkt 1 genannte Tätigkeit gibt es nur eine Bestätigung. Heinrich Gerlach schreibt über ihn, mit dem Pseudonym „Jupp Tröger“ benannt, in seinem Buch „Odyssee in Rot“:
Ein junger Mann in Zivil. Brauner Anzug aus Arbeitsdiensttuch, schwarze Halbschuhe, Schlips und Kragen. Darüber ein gebräuntes Gesicht, ein schwarzes Bärtchen auf der Oberlippe. Ein verblüffendes Double des Otto von Habsburg, des verhinderten Kaisers. Sudetendeutscher.[…] Jupp Tröger war, so viel wußte man schon, war als Arbeitseinsatzleiter vielleicht der mächtigste Mann im Lager. Er vergab die Arbeitsplätze. Die guten und die schlechten. Und die ganz schlechten, die viehischen in den Knochenmühlen, so etwas gab es. Er war Herr über Tod und Leben. Er allein überblickte alles, die russische Lagerleitung war ohne ihn hilflos. Mit den Sowjetoffizieren in der Budka sprang er um wie mit Rekruten.
Die Tätigkeit als Dolmetscher für Punkt 2. lässt sich nicht genau belegen, aber laut dem Brief von H. Pochert war er tatsächlich Bataillonsführer.
Zu 3. gibt es noch keine Erkenntnisse, das von ihm genannte Sammellager konnte nicht identifiziert werden.
Angaben über die Kulturarbeit habe ich bereits in verschiedenen Artikeln gemacht, auf die ich hier verweisen möchte. Auch der briefliche Kontakt zur Ruth Langhammer ist dort angeführt.
Ein Detail noch aus dem Jahre 1947. Unter der „Ode an die Sommernacht“ im Büchlein „Erinnerungen“ steht unter dem Datum 18. bis 19.August 1947 eine Adresse.
Москва 130, Ленингр. Шоссе, Село Никольское Дом 1, А. Синовева
[Moskau /30 [oder 130], Leningrader Chaussee, Dorf Nikol’skoye, Haus 1, A. Sinowewa]
Am 27. August 1947 schrieb Josef Köhler an seine Eltern:
Ich hatte vorige Woche die Gelegenheit mir die russische Hauptstadt anzusehen, und war dort einige Tage. Es ist eine wunderbare Stadt, groß und schön, es reicht leider auf dieser Karte der Platz nicht aus um ausführlich darüber zu schreiben. Aber ich kann verstehen, warum das Wort „Moskau“ für jeden Russischen Menschen ein heiliger Begriff ist.
Es wäre natürlich aufschlussreich, zu erfahren warum ein Kriegsgefangener einen „Kurzausflug“ nach Moskau machte und was sich hinter dieser Adresse verbirgt.
Am 10 September 1948 wurde Josef Köhler aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft entlassen, kam über Fürstenwalde/Spree zurück in die Sowjetische Besatzungszone. Er ging nach Leipzig und begann dort seinen Dienst bei der Deutschen Volkspolizei, zu dem er sich bereits in der Kriegsgefangenschaft verpflichtet hatte.
Es ist wieder einmal fast schon Weihnachten,
also Zeit für einen Rückblick auf das vergangene Jahr. Auch die Gelegenheit allen Dank zu sagen, die in diesem Jahr mein Projekt unterstützt haben und Sie um die Bereitschaft zur weiteren Zusammenarbeit zu bitten. Natürlich ist es auch die Zeit für einen Vorausblick auf das neue Jahr.
In den letzten Artikeln habe ich mich ja bereits dahingehend geäußert, dass ich das Blog nur noch sporadisch führen werde. Die Gründe sind vielfältig, zum Einen ist es eine reine Zeitfrage, die Aufarbeitung der Akten hat Vorrang. Weiterhin ist es auch nicht so einfach, hier im Blog, den Lebensweg in den 70er und 80er Jahren weiterzuführen und gleichzeitig in den Akten der Jahre 1945 bis 1959 zu forschen. Ich werde mich aber bemühen, einige neue Beiträge zu veröffentlichen. Der dritte Grund ist, dass die Ergebnisse der ernsthaften Forschungsarbeit stets mehrfach geprüft werden müssen, meist müssen weitere Akten gesucht werden, es ist der Schutz der Persönlichkeitsrechte zu beachten, Interviews mit Zeitzeugen sind zu führen und schließlich muss ich mich entscheiden, welche Ergebnisse ich hier veröffentliche und welche Ergebnisse dem Buch vorbehalten bleiben.
Das Buch wird, wie geplant, im März 2013 fertig werden. Es gab eine Zeit, da glaubte ich es ginge schneller. Aber nun merke ich immer wieder, dass die Zielstellung realistisch war.
Nur soviel schon im Voraus, die Biographie ist ganz anders als es die hier beschriebenen Ereignisse, die aber alle wirklich stattgefunden haben, vermuten lassen.
Jetzt aber möchte ich meinen Lesern, Helfern, Unterstützern, Mutmachern und allen anderen, die in der einen oder anderen Weise an diesem Projekt beteiligt sind, danken.
Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2011.
Thomas Köhler