Die Veröffentlichungen über Weggefährten von Josef A. Köhler soll dazu dienen, eventuell weitere Informationen über die betreffenden Personen zu finden.
So ist der Lebensweg von Jonny Schneider bis in die 50er Jahre gut dokumentiert, aber über die späteren Jahre liegen mir nur vage Informationen vor. Bekannt ist, dass er mehrfach verheiratet war und auch mehrere Kinder hatte. Seine Arbeit als Aussenstellenleiter von Intertext, sowie in der VdS ist mir bekannt. Aber selbst sein genaues Sterbedatum kenne ich nicht.
Joachim K. (Jonny) Schneider wurde am 14.07.1922 in Templin geboren. Er schloss 1938 die Schule mit der Mittleren Reife ab und beendete 1941 seine Lehre als Handlungsgehilfe (Industriekaufmann) bei der Firma Christoph & Unmack AG in Niesky.
Im Oktober 1941 wurde er zur Luftwaffe einberufen und zum Funker ausgebildet. Seine Einsatzgebiete waren Griechenland, Jugoslawien und Österreich, wo er bei der Funkaufklärung tätig war. Dort legte er auch die Prüfung als Dolmetscher für Englisch ab. Im Mai 1945 geriet er bei Traunstein in amerikanische Kriegsgefangenschaft und wurde im Mai 1946 entlassen. Jonny Schneider kehrte nach Hoyerswerda, zum Wohnort seiner Eltern, zurück.
Nach seiner Entlassung arbeitete er als Schlosser, später als Buchhalter bei der Steueramtskasse Hoyerswerda. In der Folgezeit war er im Kreis Hoyerswerda im Kulturbereich der FDJ tätig und trat im November 1946 der SED bei. Schneider war bei der Kreis-Entnazifizierungskomission tätig, besuchte die Kreisparteischule und wurde schließlich Kreistagssekretär der SED in Hoyerswerda. Er war ab Mai 1950 Leiter der Inneren Verwaltung des Kreises Hoyerswerda und wurde im Oktober 1950 hauptamtlicher Referent für Aufklärung, Werbung und Schulung im Sekretariat des Kreisausschusses der Nationalen Front. Später wurde Jonny Schneider Referent für Information im Landessekretariat (Sachsen) der Nationalen Front. Nach der Verwaltungsreform (Auflösung der Länder und Bildung der Bezirke) wurde er in den Bezirksausschuß Leipzig der Nationalen Front übernommen. Dort war er ab Oktober 1952 Abteilungsleiter für Aufklärung, Presse und Werbung und ab September 1952 Leiter des Pavillons der Nationalen Front in Leipzig. 1954 lernten sich dort Josef A. Köhler und Jonny Schneider kennen. Wahrscheinlich geht auch die Bekanntschaft mit Wolfgang Höher und Leo Peter Rudel auf diesen Zeitpunkt zurück.
Im November 1955 endete die Tätigkeit bei der Nationalen Front abrupt. Die Gründe dafür sind mir nicht bekannt.
Danach arbeiteten die Beiden gemeinsam an Übersetzungen aus dem Russischen, wo, wie bereits mehrfach beschrieben, Jonny Schneider die Übersetzungen von J. A. Köhler als Lektor bearbeitete.
Jonny Schneider war einer der Gründer und leitender Mitarbeiter im Übersetzerkollektiv Leipzig. Er wurde als Einziger, nach dessen Auflösung, zum VEB Globus und später zu Intertext übernommen.
In den späteren Jahren leitete er zeitweilig die Intertext-Niederlassung in Leipzig. Er trat jedoch von diesem Posten vor 1970 zurück, angeblich wegen Intrigen innerhalb des Betriebes, und arbeitete als angestellter Übersetzer für Englisch und Niederländisch weiter in diesem. Etwa 1973 wurde er wieder als Stellvertretender Leiter, für Produktion, eingesetzt. Jonny Schneider war auch seit der Gründung der Vereinigung der Sprachmittler der DDR (VdS) Mitglied in dieser.
Jonny Schneider starb zwischen 1985 und 1988.
Weggefährten – Leo Peter Maria Anton Rudel
Peter Rudel, wie er allgemein genannt wurde, ist einer der langjährigen Weggefährten von Josef A. Köhler.
Er wurde am 13.06.1922, in Prag geboren und hatte jedenfalls das Abitur abgelegt, obwohl er sich selbst als Diplom-Dolmetscher bezeichnete und auch behauptete einen Doktortitel zu haben. Über seine Vorgeschichte ist mir nichts bekannt. Peter Rudel war verheiratet und hatte einen Sohn. Sowohl seine Frau, als auch sein Sohn sind mir nicht bekannt und starben bereits vor ihm.
Als er auftauchte (ca. 1954) arbeitete er als Dolmetscher für Tschechisch. „IM Landau“ * äußert sich dazu, allerdings bezog er diese Informationen von Josef A. Köhler, wie folgt:
Rudel ist nach dem 2. Weltkrieg aus der CSSR nach WD übergesiedelt. […] Rudel siedelte daraufhin etwa 1956 in die DDR über. Später reiste er mehrfach nach WD und nachdem, was Köhler sagte, mit politischen Aufträgen der Nationalen Front …
Die hier ausgelassene Textstelle ist in den mir von der BStU übergebenen Kopien geschwärzt, allerdings lässt sich nach einigen Indizien vermuten, dass Peter Rudel in Westdeutschland vorbestraft war.
Beim letzten Aufenthalt, deren Anzahl nicht bekannt ist, erfolgte unter dem Vorwand, er habe sich mit der Bewährung ausgesetzten Strafen entzogen, Rudels Festnahme in WD.
Die hier genannte Festnahme erfolgte 1957.
Er war, wie auch Josef Köhler, ehrenamtlich bei der Nationalen Front, Kommission Rückkehrer und Zuwanderer (RuZ) tätig.
Über seine berufliche Tätigkeit habe ich teilweise schon im Artikel über das Übersetzerkollektiv Leipzig geschrieben. Die dort abgebildete Postkarte ist auch der erste materielle Hinweis auf dessen Existenz. Anzumerken ist noch, dass Peter Rudel über viele Jahre als offizieller Sprecher von „Radio Friedensfahrt“ arbeitete. Die behauptete Beherrschung von 7 Fremdsprachen wurde von Seiten seine Berufskollegen des Öfteren belächelt und bezweifelt. In der Vereinigung der Sprachmittler der DDR (VDS), Bezirksverband Leipzig, war Peter Rudel langjähriger Leiter der Sprachgruppe Tschechisch.
Anfang oder Mitte der 70er nahm er den Doppelnamen Rudel-Drtilek an. Er behauptete diesen bereits in seiner Jugend geführt zu haben, der Name Drtilek sei der Name der Familie mütterlicherseits. Ende der 70er tauchte er als Dr. Leo-Peter Rudel-Drtilek auf. Seine Promotion, die er während des Krieges an der Karlsuniversität in Prag abgelegt hätte, sei nun offiziell bestätigt.
Das Verhältnis zu Josef A. Köhler war über die ganzen Jahre zwiespältig. Es reichte von öffentlichen Freundschaftsbekundungen bis zum Ausdruck tiefsten gegenseitigen Misstrauens.
Nach der Wende arbeitete Leo-Peter Rudel-Drtilek weiter als freiberuflicher Dolmetscher und Übersetzer. Der Doktortitel wurde ihm aus mir unbekannten Gründen wieder aberkannt.
Leo-Peter Rudel verstarb 05.07.2009 in Leipzig.
*Der Klarname von „IM Landau“ ist mir bekannt, wird aber wegen des Schutzes der Persönlichkeitsrechte nicht veröffentlicht.
90. Geburtstag – Herzlichen Glückwunsch Vater
und danke für Deine Mail von gestern Abend liebe Maria.
Ich hätte natürlich an den Geburtstag meines Vaters gedacht. Aber Deine Mail hat mir gezeigt, dass ich nicht der Einzige bin der sich an ihn erinnert.
Im letzten Jahr veröffentlichte ich die drei Artikel zur „Büchse der Pandora“ die ich geöffnet habe. Seitdem musste ich mir immer wieder mal die Frage gefallen lassen „Wie stehst Du nun zu Deinem Vater?“ Von Seiten der Familie kamen auch Anfragen, ob es nicht besser wäre die Sache ruhen zu lassen. Meist schweigen die Beteiligten aber weiterhin.
Eine kleine Rückblende sei mir gestattet. Es gab viele Situationen in denen ich meinem Vater in seinem „Allerheiligsten“, seinem Arbeitszimmer, gegenüber saß und den Eindruck hatte er wolle etwas erzählen.
Warum fragte ich nie nach?
Heute würde ich es tun, es geht aber leider nicht mehr. So muss ich mich auf Akten stützen und Handlungen nachvollziehen. Die Gründe kann ich nur versuchen zu verstehen. Bewerten kann ich diese nicht. Kritik üben ist im Nachhinein einfach, fast schon zu einfach. Also beschränke ich mich darauf diese Handlungen zu dokumentieren, zu analysieren ohne sie zu bewerten.
Wie stehe ich nun zu meinem Vater? Es hat sich nichts geändert. Ich habe ihn geliebt, wie jedes Kind und jeder Jugendliche habe ich zeitweilig gedacht „Der Alte kann mich mal…“. Am Ende habe ich ihn für seine Arbeit und seine Selbstdisziplin bewundert.
Maria, Du schreibst „Es geht uns allen so: die Eltern haben uns sooo Vieles nicht erzählt, besonders wenn es um den 2. Weltkrieg ging; die Zeitzeugen sterben aus, Fotos können wir nicht mehr zuordnen und viele Fragen bleiben wohl für immer unbeantwortet.“ das ist wahr. Also kann ich nur hoffen, dass einige offenen Fragen noch beantwortet werden können. An die, die ihre Eltern noch haben, der Appell „Fragt sie bevor es zu spät ist.“
Eigentlich wollte ich ja heute mit der Biographie fertig sein, aber das war nicht zu schaffen. Es wird wohl noch Jahre dauern. Also Geduld und das Versprechen „Ich mache weiter“.
An dieser Stelle gilt mein Dank allen, die mich unterstützen.
Außer meiner engeren Familie seien hier namentlich Rudolf Schneider, Werner Sperling, Friedhelm Kröger und Peter Steger, stellvertretend für alle, genannt. Besonderer Dank gilt den, hier namentlich nicht genannten, Mitarbeitern der BStU und des Archivs des BND.