Bei meinen Recherchen im Internet fand ich einen Eintrag zur Volksschule in Fleyh mit den Namen der Lehrer im Jahre 1940. Herr Rudolf Schneider war so freundlich und schrieb mir seine Erinnerungen an diese Schule auf, die ich hier ungekürzt veröffentliche.
Die Schule:
Die Schule war in zwei Klassen aufgeteilt. Das erste bis dritte Schuljahr wurde in der ersten Klasse unterrichtet, das vierte bis achte Schuljahr in der zweiten Klasse. Da der Lehrstoff dem Alter der Schüler angepasst werden musste, war der Lehrer gezwungen, die
Unterrichtsstunde mindestens auf zwei Gruppen aufzuteilen. Die eine Gruppe bekam eine schriftliche Aufgabe, während die andere Gruppe vom Lehrer mündlich unterrichtet wurde. Das war sowohl für Lehrer als auch für Schüler keine einfache Aufgabe. Wenn man also in der Gruppe mit der schriftlichen Aufgabe war, musste man, um nicht abgelenkt zu werden, die Ohren vor den mündlichen Ausführungen des Lehrers schließen.
Wer nach Abschluss des vierten Schuljahres ein gutes Zeugnis hatte, konnte aufs Gymnasium gehen, vorausgesetzt, dass die Eltern bereit waren, die Kosten dafür aufzubringen und sie außerdem schon so fortschrittlich dachten, dass eine gute Schulausbildung ein guter Start für eine Zukunft wäre, die besser ist als die, in der man lebte. Diese Einsicht hatten nur wenige
Eltern, sie waren an das bisherige Leben gewöhnt und waren für Veränderungen nur sehr schwer zugänglich. Auch meine Mutter hat mir seinerzeit den Zugang zum Gymnasium verwehrt, so dass ich erst nach dem Krieg die Möglichkeit hatte, mich selbst weiter zu bilden.
Der Unterrichtsstoff war also so aufgebaut, dass man nach dem vierten Schuljahr bei entsprechend guten Leistungen die Reife für das Gymnasium erreichen konnte. Ab dem fünften Schuljahr wurde bei uns aber keine Fremdsprache, keine höhere Mathematik, keine Physik, keine Biologie und keine Literaturkunde gelehrt. Auch die Geschichte kam viel zu kurz.
Die Lehrer:
Barbara Kühnel war meine Klassenlehrerin. Sie betreute das 1. bis 3. Schuljahr. Als wir Oktober 1938 auf der Schmiedbrücke standen und die deutschen Soldaten an uns vorüber-rollten, hatte sie mich an der Hand. Ich habe heute noch ihre Worte im Ohr, als sie sagte: „das kann nicht gut gehen“. Wahrscheinlich hat sie aus ihrer Einstellung keinen Hehl gemacht, denn sie hat kurze Zeit später Fleyh verlassen. Ob sie aus dem Schuldienst entfernt oder nur versetzt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.
Den Lehrer Gustav Seifert kenne ich nicht. Da müsste ich einmal meine Brüder fragen. Wahrscheinlich war das der Lehrer, der die zweite Klasse (4. bis 8. Schuljahr) betreute.
Mir ist nur ein Lehrer Alfred Gaudnek bekannt, der die zweite Klasse betreute und den ich Gott sei Dank nicht mehr kennen lernte, denn er wird von ehemaligen Schülern als „Schläger“ bezeichnet. Pädagogik wurde damals offenbar so verstanden, dass man Wissen nicht allein durch Lehre, sondern auch durch Prügel weitergeben konnte. Gaudnek wurde also im September 1939 ebenfalls versetzt, wohin, weiß ich nicht. Er ist übrigens auf allen Klassenbildern zu sehen, die Sie mir geschickt haben und hat großen Wert darauf gelegt, als „Oberlehrer“ angesprochen zu werden.
Die Handarbeitslehrerin Maria Pohl stammt aus Fleyh und wohnte mit ihrem Bruder Wenzel im Hause Nr. 37. Sie wurde von den Mädchen sehr verehrt, hat nach der Ausweisung einige Gedichte über die Heimat geschrieben und ist in den 70iger Jahren gestorben.
Zu diesem Bild schrieb Rudolf Schneider:
Ich habe nachträglich festgestellt, daß mein Bruder Karl erst im September 1934 nach Mariaschein gegangen ist. Deshalb dürfte dieses Bild vom September 1933 stammen (belaubter Baum deutet auf Herbst hin). Auf diesem Bild erkenne ich:
oberste Reihe
3. v.l.: Erwin Höbelt ; Haus Nr. 28; wahrsch. Jahrgang 1922
4. v.l.: Josef Köhler; Haus Nr. 85; Philomenpep; Jahrgang 1923
7. v.l.: Martha Köhler; Haus Nr. 117; Köhlerton-Martl; Jahrgang 1921
8. v.l.: Anna Seifert; Haus Nr. 78; Tischler-Anne; Jahrgang 1921
10. v.l.: Elisbeth Löster; Haus Nr.84; Woner-Liesl; Jahrgang 1920
(die Woner-Liesl ist schon früh von Fleyh weggezogen)
vierte Reihe von unten
5. v.r.: Gertrud Eisenhammer; Haus Nr. 107; Jahrgang 1921
dritte Reihe von unten
7. v.l.: Gertrud Tränkner; Haus Nr. 69; Lohmüller-Gertrud; Jahrgang 1924
2. v.r.: Anna Zeidler; Haus Nr. 52; Schenkerfranzen-Anne; Jahrgang 1924 oder 23
zweite Reihe von unten
1. v.l.: meinen Bruder Karl ; Haus Nr. 89; Jugelkorl-Karli; Jahrgang 1922
3. v.l.: Hubert Schindler; Haus Nr. 64, Schindlerwenzen-Hubert; Jg. 1924
4. v.r.: Wenzel Schindler; Haus Nr. 64, Schindlerwenzen-Wenz; Jg. 1921
3. v.r.: Hermann Mayer; Haus Nr. 17; Jahrgang 1921 oder 22
* Die kursiv geschriebenen Namen sind die Spitznamen der Betreffenden.
Der in der oberen Reihe stehende Lehrer ist also dem zufolge Alfred Gaudnek.