Namen und Widmungen

In dem Büchlein finden sich weitere Namen, Zeichnungen, Theaterplakate, Gedichte und Widmungen. Dieser Artikel bringt einige Beispiele, sowie eine Liste der namentlich benannten Mitgefangenen.

Kein Hindernis beugt mich, jedes Hindernis wird durch Strenge zerstört. Es kehrt nicht um, was an einen Stern gebunden ist.

Leonardo Da Vinci

Lieber Sepp,
In froher Erinnerung an die Stunden gemeinsamen Erlebens „auf den Brettern, die die Welt bedeuten“, danke ich Dir von ganzem Herzen für die Kameradschaft, die uns verbunden hat und die uns, hoffe ich, auch weiterhin verbinden wird. Zum Abschluß wünsche ich Dir für Dein weiteres Leben Gesundheit, Glück und erfolg!

In treuer Verbundenheit

Dein Günter Schmidt

Wladimir, 28.4.47

Namen, Zusammenhang der Namensnennung und eventuelle Adressen von Mitgefangenen:
Heinrich Eilach, Widmung; E. Pfannschilling, Theater / Regie; H. Uhlmann, Theater; K. Schindler, Theater; Theo Lesser, Theater / Autor / Widmung; H. Batke, Theater; K. Kalwa, Theater; Fr. Wolf, Theater; G. Faika , Theater; E. Neubauer, Theater; Herbert Hönig, Theater / Souffleur; H. Werner ,Theater; Fr. Stern, Theater; P. Kästner, Theater; Horst Wülfing, Theater  / Widmung; Barbarowski, Theater; Braune,             Theater; Fritsche, Theater; A. Weidel, Zeichnungen; W. Skulpa, Bühnenbild; P. May, Bühnenbau; Altstädt, Maske; Koch, Maske; Diesl,             Beleuchtung; Seidler; Beleuchtung; Günther Schmidt; Regie / Widmung; Ewald Weiss,             Widmung; Willi Engelheinz, Widmung, Wattenscheid Westf. Eppendorferstr.12; Eugen Fleckenstein, Widmung, Kandel b. Landau Landauer Str. 13 Villa Bühler; Eugen Fischler, Widmung; Gerhard Gärtner, Widmung, Dresden, Bergstr. 25 c; Werner Müller , Untergeißendorf b. Berga a.d. Elster; Arthur Küchel, Krs. Luckenwalde / Jüterbog

Darfst das Leben mit Würde ertragen,
Nur den Kleinlichen macht es klein,
Bettler können Dir Brüder sagen,
Und Du kannst doch ein König sein.
R.M.Rilke
„Uns“ wird der glanzvolle Name „Miss Evelyn“ nicht nur als Autor und musikalischen Bearbeiter verbinden, sondern vielmehr als Menschen und Freunde. „Die den Ursprung kennen, sehen tief auf den Grund!“ Bei „Miss Evelyn“ werden sich unsere Gedanken noch oft kreuzen.
Für die Zukunft das Beste wünscht
Dein Ewald  Weiss

Ruth Langhammer

An dieser Stelle ein unbekannter, wenn auch scheinbar wichtiger Kontakt.
Im Lagerbüchlein stehen zwei Gedichte von Ruth Langhammer und eine Ruth bzw. eine Familie Langhammer ist auch mehrfach auf Karten an meine Großeltern erwähnt. Nicht zu vergessen, unter der Adresse Leipzig W34, Pflugkstrasse 11 die er für den Aufenthalt 1941/42 in Leipzig angibt, wohnt eine Langhammer, G. / Witwe [Einwohnerverzeichnis der Stadt Leipzig 1941].
Aus „ Eindrücke“ v. Sepp Köhler
Ruth Langhammer 18.12.46 (17.I.47)
Glaube nur.
Glaube nur, es kommt ein Morgen,
Da Du aus dem Hause gehst,
Noch voll winterlichen Sorgen,
Und Dich Frühlingswind umbläst !
Glaube nur, dann grünt, was heute
Dir noch tot erscheint und kahl.
Lerchen jubilieren: Freude!
Auferstehung überall!
Glaube nur, Dein Leid wird enden,
Das Dich kältend [sic!] noch umweht,
Deine Nacht, sie wird sich wenden
Wie die Erde neu entsteht !
Glaube nur, es wird geschehen,
Daß auch Dir der Lenz erblüht!
Glaube nur, im Frühlingswehen
Klingt Dir hell Dein Lebenslied.

Eine nicht datierte Karte: Habe heute von Frau Langhammer eine Karte erhalten, wo sie mir in heller Begeisterung schreibt, daß sie von Euch ein Paket erhalten hat, sie müssen sich unheimlich gefreut haben. Und ehrlich gesagt, auch mich hat es gefreut, obwohl ich weiß dass es Euch schwer gefallen sein wird. Aber sie haben bestimmt vieles auch für mich getan. Ruth muß es nicht besonders gut gehen, aber sie ist mir auf eine gewisse Art ans Herz gewachsen, obwohl wir uns nicht besonders gut verstanden haben. Sie hat mir wieder ein Bild geschickt sie schaut sehr gut aus. Aber man muß ihnen etwas helfen. …

11.11.1946: Warum schreiben Langhammers eigentlich so selten?

10.03.1947: Die Frau Langhammer schrieb mir, daß es in Leipzig ziemlich kalt war. Hat Ruth schon mal geschrieben, ich hatte ihr einige Gedichte von mir geschickt, mit der Bitte sie an [???] weiterzuleiten. Seit 29.1. habe ich auch von ihr noch nichts gehört.

Also scheint die Familie Langhammer eine doch wichtige Rolle in dieser Zeit für meinen Vater und für meine Großeltern gespielt zu haben. Leider habe ich dort noch keinen Erfolg bei der Suche.
Abschließend noch ein Gedicht von Ruth Langhammer: 18.12.46 , 17.1.1947
Herbstlied
Bist Du schon einmal dem Herbst begegnet,
Wenn er durch einen Buchenwald ging,
Wenn er des Morgens, da noch Tau an allen Gräsern hing
Das Land gesegnet?
Und sahst Du, wie von jedem Baum und Strauch
Durch seinen Feueratem überhaucht
In Purpur und in eitel Gold getaucht
Das Laub gesegnet?
Die Luft ist still und klar und Sonnenlicht
Fließt nieder von azurnem Firmament.
Die Eberesche und der Rotdorn brennt!
Das Leben triumphiert eh es verlischt.

1946 – 1948 Kultur im Lager I

Für diesen Zeitraum liegen mir ein Büchlein aus dem Lager und Postkarten an meine Großeltern vor. Auf diese werde ich mich im Folgenden beziehen.
Das Büchlein „Erinnerungen“ enthält Lyrik, Widmungen, Plakatentwürfe und Porträts die in den Jahren 1946 – 48 von meinem Vater, Mitgefangenen aber auch Prominenten verfasst wurden. In diesen Zeitraum fällt auch die Nachricht von der Vertreibung seiner Eltern, die ihn zu folgendem Gedicht inspirierte.

Briefe, die ich las.
Von Sepp Köhler
Ich hab so manchen Brief studiert, / Der aus der Heimat kam / Es hat mich manches tief gerührt, / Das ich dabei vernahm.
Voll Kälte war der eine Brief, /  Schablonenhaft und leer. / Von Liebe mutet mancher Schrieb / Mich an und sehnsuchtsschwer.
An den Geliebten schreibt die Braut, / Die Mutter an den Sohn / Und Menschen, die sich stets vertraut / Belächeln sich mit Hohn.
Man schrieb von langer Trennungszeit, / Von einer schwachen Stund / Wie man gebrochen durch das Leid / Vergaß der Ehe Bund.
Wie dann in einer stillen Nacht / Der letzte Schritt gescheh´n / Man möchte, daß der Andre lacht, / Und trotzdem soll versteh´n.
Die Mutter schreibt an ihren Sohn, / Der Vater tröstet ihn. / Oftmals spricht man ja nicht davon, / Was dennoch ist gescheh´n.
Da fällt ein Brief in meine Hand, / Der nicht viel Worte macht. / An mich ist dieser Brief gesandt, / Geschrieben in der Nacht.
Verloren Heimat, Hof und Haus! / Von Tränen heiß benetzt, / Breitet das Blatt sich vor mir aus. / Man heißt uns Bettler jetzt!
Ich schieb den Brief zur Seite hin / Und greif den nächsten mir: / „sind ausgebombt und müssen zieh´n, / zu fremden ins Quartier.
Verloren alles und zerstört!“ / Mit Tränen heiß benetzt, / Die Karte, die dem Freund gehört / „Man heißt uns Bettler jetzt!“
Und eine ganze lange Reih´ / von Karten, die ich sah´ / Sie lauteten so einerlei: / „sind Bettler heute! Ja.
Wir sind verarmt und überall / sieht man uns gar nicht gern, / Sind Bettelvolk und Bettelschwall / Vor Augen dieser Herrn!“
Die andre Seite schreibt dazu, / Daß es ihr recht gut geht. / Es habe heute jeder Ruh, / der das Geschäft versteht.
Theater, Kino und Musik / Und Barbetrieb, Likör / „Wir hatten wirklich großes Glück! / Was will man heut noch mehr.“
Doch von den Bettlern nicht ein Wort, / Man hat mit sich zu tun´ / Man bracht sie her u. Hol sie fort, / Man will nur seine Ruh´.
Das Rad der Zeit, es hält nicht an / Und bahnt sich durch die Flut. / Zermalmt wird durch die Zeitenbahn / Der Menschen Gut und Blut.
Und Briefe, stille Zeugenschaft, / Mit Tränen heiß benetzt. / Sie schreien, stapelweis gerafft: / „Man nennt uns Bettler jetzt!“

Dazu schrieb ein Kamerad:

Sepp Köhler liest eigene Dichtung

Wohl selten dürfte gerade auf uns als Kriegsgefangene eine literarische Veranstaltung solch einen tiefen Eindruck hinterlassen haben, wie die am 20.12.47, in der Sepp Köhler uns eigene Dichtung, dieses mal ernster Natur, zu Gehör brachte.

Nehmen wir als Beispiel sein Gedicht „Briefe, die ich las“. Auch derjenige, den das Schicksal verschont hat, musste fühlen, wie schwer es ist, seine Heimat zu verlieren. Und wie musste erst recht demjenigen dieses Werk gepackt haben, der zu diesen schwer geprüften Menschen zählt, zumal der Vortragende selber ein Leidensgefährte von ihnen ist.

Es würde zu weit führen, jedes der vorgetragenen Gedichte zu besprechen. Gepackt war man vom ersten bis zum letzten. Jedes Gedicht war persönliches Erlebnis.
Danken wir unserem Sepp Köhler für diese eindrucksvolle Stunde, danken wir ihm damit, indem wir ihm von Herzen weiter Erfolg für sein dichterisches Talent wünschen.
Auch Peter Becker wollen wir nicht vergessen, der mit seinem Quartett dem Abend einen würdigen Rahmen gab. Ebenfalls Dank und Anerkennung. Der von Herzen gespendete Beifall war wohl der schönste Lohn für unseren Vortragenden.

Horst Wülfing

Lieber Sepp! Zur Erinnerung an gemeinsam verlebte Gefangenschaft habe ich Dir diese Zeilen in dieses Büchelchen geschrieben. Weiter guten Erfolg und baldige Heimkehr. In herzlicher Kameradschaft
Dein Horst Wülfing