Kriegsgefangenschaft – Hans Mahr

Seit langer Zeit versuche ich, alte Freunde und Bekannte meines Vaters zu finden. In letzter Zeit suchte ich besonders nach zwei Personen, Hubert Schwabe, einem Freund aus der Kindheit und Hans Mahr, einem Kameraden aus der Kriegsgefangenschaft.
Mit beiden führte mein Vater, wie ich mich erinnerte, in den 70er und 80er Jahren einen Briefwechsel.
Hubert Schwabe lebte zu dieser Zeit in Helmbrechts, war dort an der Realschule (RSH) tätig und wurde auch Ehrenbürger der Stadt Helmbrechts. Im Pensionsalter zog er aus Helmbrechts fort und ist inzwischen verstorben. Mehr konnte ich noch nicht finden, ich habe auch noch keinen Kontakt zu seinen Angehörigen.
Im Falle des ebenfalls bereits verstorbenen Hans Mahr aus Würzburg hatte ich mehr Erfolg. Ich konnte den Kontakt zu seinem Sohn, Dieter Mahr, herstellen. Herr Dieter Mahr war so hilfsbereit, in der Hinterlassenschaft seines Vaters zu suchen und er hatte Erfolg. Ein Briefwechsel aus den Jahren 1972/73, den er mir freundlicherweise zur Verfügung stellte und dessen Veröffentlichung er mir gestattet, schildert die Erlebnisse in der Kriegsgefangenschaft, aus der Erinnerung von Hans Mahr.
Nachfolgend der betreffende Auszug aus dem Brief vom Januar 1973:

Mein lieber Sepp, liebe Frau „Sepp“, und liebe „Nachfolger!“

Herzlichen Dank für Deinen Brief vom 3. Advent. Entschuldige, wenn ich Dir erst jetzt antworte.

Und nun zu Deinen anderen Fragen.
Zurückblickend auf die Kriegsjahre. Erst am 30. Januar 1943 wurde ich in den Kellern von Stalingrad gefangen genommen. Bis dahin hatte ich also den Kessel als Sanitätsfahnenjunker im Panzer IV mitgemacht. Ende Dezember machte ich „allein“ über Pitomik-Gumrak eine „herrliche“ Fußwanderung nach Stalingrad-Mitte. Dort kam das große Finale.
Als am 30. Januar die Russen in unseren Keller kamen, sagte ich nur ein Wort „Wratsch“ [Arzt – T.K.]. Ich arbeitete dann als „Sanitar“, bekam Flecktyphus und erwachte in einem Lager in Stalingrad das wir ausbauten. -etc. etc. Das übrige kennst Du ja. Keine Medikamente … usw. Mir schien es richtig russisch zu lernen und so paukte ich eifrig diese Sprache. Außerdem half ich beim sezieren und schnitzelte mich so durch das Lagerleben.
Wenn ich nicht irre, kamen wir im Herbst 43 in ein Waldlager in dem wir bis 44 blieben. Anschließend ging es nach Wladimir. Erst arbeitete ich dort in einem Sägewerk, kam aber nach kurzer Zeit in die Ziegelei „Kirpizni-Sawod“ als Ziegelfahrer. Da widerum lernte ich den Direktor Alexei Alexandrowitsch Mienerv [ Alexej Minerwin] kennen.
Um nun über meine Sprachkenntnisse Klarheit zu bekommen probierte ich sie gleich bei erster Gelegenheit bei diesem aus. Fortuna muß einen guten Tag gehabt haben! – Er verstand nicht nur mein „Russisch“, sondern war mir auch gleich gut gewogen. Auch ich schätzte ihn von Anfang an sehr. Seiner Meinung nach war es Unsinn weiterhin so schwer zu arbeiten. Mit meinen Russisch-Kenntnissen sollte ich lieber dolmetschen. – Nun und so tat ich denn auch dieses.
Alles Übrige kennst Du ja. Denn nun lernten wir uns kennen.
Diese Zeit hatte trotz allem auch heitere Seiten die man Katja, Tamara, Wodka oder sonstwie nennen kann. Sicher wäre es lustig mit Dir mal so über alles zu quasseln. Sicher würde so manches vergessene aus den verschütteten Stollen unseres „Seelenbergwerkes“ zu Tage gefördert.

Im September 1949 kam ich dann wieder nach Hause.

Ergänzung

Im letzten Artikel stellte ich Bilder aus einem alten Fotoalbum vor. Darunter befand sich das Bild einer jungen russischen Frau von 1952 mit einer verblassten Aufschrift auf der Rückseite. Ich habe diese Rückseite etwas bearbeitet und Kirill, den ich aus einem Forum kenne, war so hilfreich und hat mir die Fragmente übersetzt.
Hier sein Ergebnis:

„… meine traurigen Augen sind zu dir
gerichtet…“ Weiter kommt  „zur Erinnerung. Seni „. Weiter – „Stadt Taganrog“. Weiter – „S. Masterow“ (verstehe nicht was das ist, kann ein Strassenname sein). „Taja“ (Frauenname -voll- Taisia). 8. III 1952

An dieser Stelle, vielen Dank  Kirill. Vielleicht ist es ja nun möglich etwas über die junge Frau zu erfahren.

Ein vergessenes Fotoalbum

Beim erneuten Durchsuchen der Hinterlassenschaft meines Vaters, fand ich ein altes Fotoalbum. Ich hatte es schon mehrfach in den Händen, aber dieses Mal sah ich mir wirklich alle Fotos an. Bisher hatte ich nach den ersten Seiten aufgehört, weil sich dort nur Bilder von Fronleichnamsprozessionen auf der Leipziger Rennbahn befanden. Es folgten einige leere Seiten und dann kamen Aufnahmen, die ich nicht kannte. Zwei Bilder von jungen Frauen, mit russischer Schrift auf der Rückseite, Ein Porträtfoto von Ruth Langhammer mit Widmung und noch einige andere Bilder, die ich nachfolgend zeigen und kommentieren möchte.

Ruth Langhammer – Widmung: „In herzlicher Freundschaft! Ruth“ 21.4.1947

Ein halbes Foto einer jungen Frau  – Rückseite russisch beschrieben, nicht lesbar

russische Frau 1952

Porträtfoto einer jungen Frau, Rückseite russisch, 8.11.52, Schrift verblasst

Porträtfoto eine Mannes – Widmung Rückseite:

Waren wir auch arm und nicht an Gütern reich, so waren wir doch reich, denn unsere Wege und Gedanken waren gleich! Zur Erinnerung an gemeinsam durchlebtes, Schweres und doch voller Kameradschaft und Freundschaft, gewidmet meinem Sepp Köhler, in der Heimat am 4. Januar 1954
Gerhard(t) Krüger

Prägung: Foto-Graf Pankow – Künstleratelier

Postkarte mit Foto eine Ehepaares an meinen Großvater vom 28.5.49 aus Flaje (Fleyh) mit Zensurstempel aus Duchcov. Ich konnte sie bisher nicht entziffern.
Da ich die Hoffnung nicht aufgebe, dass einer der zahlreichen Leser meines Blogs eine der abgebildeten Personen erkennt, bitte ich an dieser Stelle erneut um Mithilfe.