Der Mann ohne Gesicht

Im Rahmen meiner Recherchen habe ich vieles erlebt, aber die folgende Suche stellt alles in den Schatten. Ich habe eine wichtige Person, für diese eine Menge Daten, Zeitzeugen die sich an ihn erinnern, Erwähnungen in der Literatur zu ihm und jede Menge Details, die ich natürlich hier nicht alle veröffentlichen werde. Aber der Mann bleibt für mich ein Rätsel, zumal auch die Zeitzeugen ihn nicht genauer beschreiben können. Ein Bild von ihm existiert auch nicht. Also starte ich hier einen Aufruf, vielleicht erfahre ich ja noch mehr.
Es gibt keine Verletzung der Persönlichkeitsrechte, denn er ist bereits 1959 verstorben.
Dieser Mann hieß Wolfgang Höher.
Geboren wurde er am 15.02.1914 in Magdeburg, gestorben ist er im September 1959 in Leipzig.
Soweit bekannt hat er Jura studiert, das kann aber nicht belegt werden.
Von 1933 bis 1945 war er Mitglied der NSDAP, von 1935 bis 1939 war er bei der Polizei, zuerst in Berlin, besuchte dann mehrere Polizeischulen und wurde Offizier. Ab 1939 war er bei der Feldgendarmerie u.a. in Biesles / Frankreich wo er das EK I erhielt, voraussichtlich war er bei der Bekämpfung der Resistance eingesetzt. Sein letzter Dienstgrad war Major.
Wo und wie er am 10.05.1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft geriet ist nicht bekannt, aber er war bis zum 03.06.1949 Kriegsgefangener.
Angeblich hat er in der Gefangenschaft mindestens eine Antifa-Schule besucht.
Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft geht er nach Westberlin, wird Mitarbeiter beim „Amt Blank“ und später in der „Organisation Gehlen“.
1953 wird er von, je nach Literatur, Mitarbeitern des MfS entführt und kommt in sowjetische Haft. Nach Critchfield ist er schon seit Längerem Doppelagent und geht freiwillig in die DDR, eventuell aus Furcht vor seiner Enttarnung. In der Haft schreibt er ein Buch über die „Organisation Gehlen“ (Vorläufer des BND) „Agent 2996 enthüllt“, wird aus der Haft entlassen und arbeitet fortan für den KGB, später für das MfS.
Wolfgang Höher war seit 1939 verheiratet und hatte mindestens zwei Kinder, die Ehe wurde geschieden.
1958/59, bis zu seinem Tode, arbeitet er mit Josef Köhler gemeinsam im Übersetzerkollektiv Leipzig.
Das sind die Daten, die ich habe. Ich habe bei den Archiven in Deutschland angefragt – negativ.
Ich habe beim Archiv des BND und der CIA angefragt – negativ.
Jetzt frage ich meine Leser. Vielleicht kann ja der Eine oder Andere interessierte Leser meines Blogs etwas zur Person beitragen.
Es wäre äußerst hilfreich.

Mein Großvater – Anton Köhler

In mehreren Artikeln habe ich bereits über meinen Großvater Anton Köhler geschrieben. Nachdem ich im Archiv der Handwerkskammer Leipzig seine Unterlagen einsehen konnte, will ich noch einmal auf ihn eingehen. In seinem Lebenslauf von 1956, den er für die Gewerbegenehmigung benötigte, schildert er seinen beruflichen Werdegang. Auffallend ist, dass er mit meiner Großmutter am 23.10.1950 in die Wohnung in der Balzacstrasse einzog (Hausbuch von 1954), aber trotzdem in den 50er Jahren nochmals eine Arbeit in Thüringen annahm.
Hier sein Lebenslauf:

Leipzig, den 26.5.1956

L e b e n s l a u f

Ich bin am 23.1.1885 in Fleyh, Krs. Dux / CSR geboren. Nach Besuch der Volksschule in Fleyh von 1891 – 1899 erlernte ich bei Rudolf Reichenberger in Dux das Bau- und Möbeltischlerhandwerk. Von Oktober 1899 bis Oktober 1902 war ich bei der Firma Reichenberger als Lehrling, von 1902 bis 1910 als Gehilfe beschäftigt. Von 1910 bis 1915 arbeitete ich als Gehilfe im Tischlereibetrieb meines Vaters in Fleyh, Krs. Dux. Von 1915 bis 1918 diente ich beim Österreichisch ungarischen Militär. Im Jahr 1919 eröffnete ich meine selbständige Tischlerwerkstatt in Fleyh, die ich bis 1946 betrieben habe. 1946 wurde ich mit meiner Ehefrau aus der Tschechoslovakei nach Thüringen umgesiedelt. Hier arbeitete ich von 1946 bis 1950 bei der Firma Herrmann Kayser, vormals Georg Gotthard, in Völkershausen über Vacha / Rhön als Tischler. Vom Dezember 1950 bis Februar 1951 arbeitete ich hier in Leipzig bei der Fa. Augustin (Glaserei), Leipzig O-5, Erich-Ferl-Straße 30. Von Februar 1951 bis zu Ende der Frühjahrsmesse arbeitete ich als Messeaushilfe bei der Fa. Pabst und Böttcher, Leipzig C-1, Hohe Straße 27. Anschließend arbeitete ich, da es zu dieser Zeit hier in Leipzig keine Möglichkeiten gab, bei der Fa. Georg Walter, Bau- und Möbeltischlerei, in Völkershausen / Rhön als Tischler bis Dezember 1951.
Zur Zeit arbeite ich bei der Firma Carl Walther, Leipzig C-1, Wiesenstraße 24, die ich vom derzeitigen Inhaber wegen Alters übernehmen will. Ich war niemals Mitglied irgendeiner Partei. Auch habe ich nicht in der faschistischen Wehrmacht gedient.

Anton Köhler

Wenn man also einmal nachrechnet, so hat er sich im Alter von 71 Jahren noch einmal selbständig gemacht, 10 Jahre nach der Aussiedelung aus seiner Heimat. Am 31.12.1970, kurz vor seinem 86. Geburtstag löste er die Werkstatt auf und ging in den Ruhestand.

Mein Großvater Anton Köhler starb am 28. April 1975.

Eine Postkarte und eine Geschichte – Kaija

Unter den Hinterlassenschaften meines Vaters befinden sich auch Briefe und Postkarten von Kollegen und Freunden. Diese sind zum Teil aus den 50er Jahren, also aus der zeit des Übersetzerkollektives. Ich habe also versucht, die Absender zu finden um mehr über diese Zeit zu erfahren. Konzentriert habe ich mich in erster Linie auf Karten aus dem Ausland.

Hier die Schilderung der ersten, noch nicht abgeschlossenen, Suche.

Helsinki, den 21.7.1958
Jetzt bin ich bald einen Monat zu Hause und meine Ferien sind bisher gut gelaufen. Ich besuchte schon letzte Woche die beiden Firmen, wo die Übersetzungen liegen und von Wartburg  haben die schon alles losgeschickt. Unglücklicherweise an Virtanen* , der z. Z. Ferien hat. Aber ich werde es noch erledigen. In den anderen Firmen waren die sehr glücklich über P 50 und ich bekomme die Papiere mit, wenn schon nicht eher. Hoffentlich sind die Überprüfungsbeweise zeitig genug gekommen. Schönen Sommer wünscht
Kaija

Vorausgesetzt habe ich bei dieser Postkarte, dass Kaija ein Frauenname ist, dass diese Frau in Finnland zu Hause war aber 1958 in Leipzig arbeitete und, dass sie Übersetzerin war oder zumindest für das Übersetzerkollektiv arbeitete. Nach längerer Suche im Internet fand ich auch einen Eintrag über Kaija Menger, auf die dies Alles zutraf. Da ich keine Adresse fand, wandte ich mich an die Autorin der Veröffentlichung Frau Prof. Dr. Doerte Putensen, die mir freundlicherweise sofort antwortete und die Telefonnummer von Frau Menger gab.
Frau Menger war sehr überrascht über meine Anfrage, sie wusste natürlich nicht mehr ob sie diese Postkarte geschickt hatte, aber sie erklärte sich bereit mein Blog zu lesen und ich schickte ihr die Postkarte per E-Mail zu.
Ein Treffer? Leider nicht ganz. Frau Menger hat zwar in den 50er Jahren in Leipzig gearbeitet und konnte mich auch über den Namen Virtanen auf der Postkarte aufklären, aber sie ist nicht die Kaija. Allerdings gab sie mir einen weiteren Namen:

bei der Kaija, die die Karte aus Helsinki an Ihren Vater geschickt hat, handelt es sich doch nicht um mich. Die Handschrift ist mir fremd. Ende der 50er Jahre studierte in Leipzig noch eine zweite Kaija, ihr damaliger Familienname war Koivula. Sie war mit einem Musiker einer Leipziger Band befreundet und ist mit ihm schon vor 1960 nach Westdeutschland gegangen.

Zu Kaija Koivula habe ich leider noch keine Angaben gefunden, aber ich suche weiter.