1954 / I

Familiäre Veränderungen

Als Josef Köhler wieder nach Hause kam, hatte sich die Lage seiner Eltern verändert. Obwohl schon 68 Jahre alt, hatte sich sein Vater, Anton Köhler, als Tischlergeselle in der Bau- und Möbeltischlerei Carl Walther, Wiesenstrasse 24, Leipzig C1, am 02. März 1953 einstellen lassen. Die Mutter, Philomena Köhler, führte den Haushalt und schneiderte nebenbei für Bekannte. Um das karge Einkommen aufzubessern wurde auch eine Fachschulstudentin als Untermieter aufgenommen.

Zwischen dieser Untermieterin, Renate Pratsch, und ihm kam es in relativ kurzer Zeit zu einer Annäherung, die allerdings seiner Mutter nicht gerade recht kam, da ihr Sohn, wenn er schon nicht Priester würde, zumindest ein ehrbares katholisches Mädchen heiraten sollte. Renate war aber protestantisch.

Arbeitssuche

Eine Arbeit zu finden fiel auch nicht leicht. Josef wollte ja weiter studieren und bewarb sich am 26.04.1954 also um die erneute Immatrikulation an der Universität Leipzig (zu diesem Zeitpunkt bereits Karl-Marx-Universität). Zusätzlich bat er um die Möglichkeit, während des Studiums, als Lektor für die russische Sprache an einem der Institute arbeiten zu können.

Vom 20.01.1954 bis zum 28.02.1954 arbeitete er als Aushilfslehrer für Russisch an der Karl-Marx-Oberschule in Leipzig. Da er nicht sofort eine andere Anstellung bekam, arbeitete er ab dem 05.Mai 1954 ehrenamtlich im Pavillon der Nationalen Front, wo er auch vom 14.06. bis 31.08.1954 als Aushilfe eingestellt wurde.

Versuch der Wiederimmatrikulation

Am 19. Juni 1954 schrieb an der Karl-Marx-Universität ein Referent namens Jänsch (Zeichen Jä./Ke.), ein internes Schreiben an das Rektorat der Karl-Marx-Universität Abt. Sprachunterricht, zu Händen des Koll. Dalitz, mit folgendem Inhalt:

Betr.: Josef Köhler,
Obengenannter will sich als wissenschaftlicher Dozent bewerben. Wir bitten von einer Einstellung unbedingt abzusehen.

Präziser wird am gleichen Tage Dozent Jansch, Prorektor für Studentenangelegenheiten [?] (Zeichen Jä./Ke.) im Schreiben an das Staatssekretariat für Hochschulwesen, Abt. Studenten- angelegenheiten, zu Hdn. Koll. Mamat:

Betr.: Herr Josef Köhler
Obengenannter wird sich beim Staatssekretariat für Hochschulwesen um Wiederimmatrikulation für die Fachrichtung Slavistik bewerben. Auf Grund einer Mitteilung des Oberassistenten des Slavischen Institutes, Herrn Schulze erhalte ich Kenntnis, dass Köhler noch heute in enger Verbindung zu Prof. Dr. Ohlisch [sic!] (Universität Köln) steht. Da K. gut über das Slavische Institut informiert ist und bei einer Wiederimmatrikulation der Verdacht besteht, dass der Forschungsauftrag von Herrn Prof. Dr. Fischer, Prof. Ohlisch [sic!] in Westdeutschland bekannt wird, sehe ich mich veranlasst, darauf aufmerksam zumachen und von einer Wiederimmatrikulation abzusehen.

Der genannte Professor in Köln, ist Prof. Dr. R. Olesch, bei dem Josef  am 3.7.1950 seine Arbeit zur Begabtenprüfung einreichte, der damalige Leiter des Institutes für Slavistik. Kontakte für den Zeitraum 1954 konnten in keiner Weise bestätigt werden.