1963

Das Jahr 1963 stand für unsere Familie ganz im Zeichen der goldenen Hochzeit unserer Großeltern Anton und Philomena Köhler, die am 9. November ihren Hochzeitstag zum 50. Mal feierten.

Eine große Familienfeier, Gratulationen von Freunden, Verwandten, Kollegen, der Handwerkskammer Leipzig, des Generalvikars des Bistums Bautzen und der Gemeinde St. Trinitatis Leipzig trafen ein und der Probst der Gemeinde ehrte das Paar auch während des Gottesdienstes. Für unsere Familie war dies eine der größten Feiern.

In diesem Jahr wurde mein Vater 40 Jahre alt, auch diese Feier wurde, wenn auch in kleinerem Kreise, begangen.

Ich wurde im September an der Leibniz Oberschule eingeschult, womit gleichzeitig mein Vater seine Tätigkeit im Elternbeirat der Schule begann, die er bis 1973 weiterführte. Mein Bruder und ich feierten das Fest der Erstkommunion.
Beruflich war mein Vater weiterhin als persönlicher Dolmetscher des Leiters des Amtes für Wasserwirtschaft Dipl. Ing. Rochlitzer und des stellvertretenden Ministerpräsidenten Dr. Dittel tätig. Auf den Gebieten der Meß- und Regelungstechnik, Elektronik und Datenverarbeitung arbeitete er als Übersetzer und Dolmetscher für Prof. Barwich in Rossendorf, das Institut für Energetik und die DEWAG Berlin. Dienstreisen führten ihn in die UdSSR, die CSSR und nach Ungarn. Er führte auch weiter an der Volkshochschule Leipzig Speziallehrgänge mit der Dauer von zwei Jahren zur Erlangung der Sprachkundigenprüfung in Russisch durch.

1960 – 1962

Familie:

Meine Mutter Renate Köhler arbeitete bis Mitte 1962  als Kindergärtnerin und beendete dann diese Tätigkeit, womit auch die Kindergartenzeit für meinen Bruder und mich endete. Ab Mitte 1962 war sie Hausfrau, belegte im weiteren einen Lehrgang zur Erlangung der Sprachkundigenprüfung in Russisch, lernte Schreibmaschine schreiben und arbeitete mit Josef Köhler zusammen als Übersetzer.

1961/62 traten in Leipzig Ruhrerkrankungen auf, dadurch wurden erst mein Bruder im Krankenhaus Zwenkau, und dann mein Bruder und ich im Krankenhaus St. Georg Leipzig in Quarantäne genommen.

Anton Köhler führte seine Tischlerwerkstatt weiter und Philomena Köhler kümmerte sich mit unserer Mutter um uns Kinder und den Haushalt, was zu wachsenden Spannungen zwischen Renate und Philomena führte.

Mit der Einschulung meines Bruders im September 1962 an der Leibniz-Oberschule Leipzig begann für uns Kinder auch das Gemeindeleben in der St. Trinitatis Gemeinde Leipzig, da der Katholizismus im Leben unserer Familie, besonders bei unseren Großeltern, eine große Rolle spielte.

Arbeit:

Ein großer Teil der Arbeit meines Vaters Josef Köhler spielte sich auf Reisen ab die Dolmetschertätigkeit überwog und ich kann mich an viele Zeiten ohne unseren Vater erinnern. Auftraggeber in dieser Zeit waren die Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Mechanik Leipzig, das Amt für Wasserwirtschaft beim Ministerrat der DDR und andere. In seinem Reisepass sind Stempel von Moskau, Prag und Budapest. Es zeigte sich also, dass die Haftzeit von 1959 – 1960 auf seine Dolmetschertätigkeit kaum Auswirkungen hatte.

Im Jahre 1962 wurde die Vereinigung der Sprachmittler der DDR (VdS) als Sektion des Verbandes der Journalisten der DDR  (VdJ) gegründet. Josef Köhler war eines der Gründungsmitglieder.

Weiterhin unterrichtete er an der Volkshochschule (VHS) Leipzig die russische Sprache.

Die Arbeit bei der Nationalen Front (NF) der DDR endete bei der Haftentlassung, da sein Ausweis als Mitglied des Bezirksausschusses einbehalten und er nicht zu leitenden Mitarbeitern vorgelassen wurde, als er diese Angelegenheit klären wollte. Wahrscheinlich hatte auch die politische Lage in der DDR darauf einen Einfluss. War bis 1960 die gesamtdeutsche Arbeit wesentlicher Bestandteil der Arbeit der NF, so änderte sich dies im Jahre 1961, als die Teilung Deutschlands endgültig wurde. Somit hatte man keine Verwendung mehr für viele alte Mitarbeiter.

Josef Köhler bemühte sich in diesen Jahren auch weiterhin um seine endgültige Rehabilitation,betreffs seines Ausschlusses aus der SED, konnte aber nur erreichen, dass der Ausschluss in eine Streichung der Mitgliedschaft geändert wurde. Dies bedeutete, dass er de jure nie SED Mitglied war.

1956 – 1959

Familiäre Veränderungen
Am 30. Juni 1956 wurde Anton Köhler von seinem Arbeitgeber Carl Walther, wegen Werkstattauflösung, gekündigt. Anton Köhler beantragte und erhielt einen Gewerbeschein und führte die Werkstatt, jetzt als Möbeltischlerei Anton Köhler, im Alter von 71 Jahren weiter.
Renate Köhler wurde wieder schwanger und im Mai 1957 wurde ich geboren.
Arbeit
Josef Köhler arbeitete seit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Karl-Marx-Universität Leipzig als freiberuflicher Übersetzer.
Unter Anderem arbeitete er für das Deutsche Institut für Rechtswissenschaften in Potsdam – Babelsberg und für das oberste Gericht der DDR.
Vorliegende Übersetzungen sind:
– Fragen des Wirtschaftsvertrages von S.N. Bratus und L.A. Lunz, VEB Deutscher Zentralverlag Berlin 1956
– Wesen und Bedeutung des Vertrages im sowjetischen sozialistischen Zivilrecht von R.O. Chalfina, VEB Deutscher Zentralverlag Berlin 1958
Seit 1955 lehrte er an der Volkshochschule (VHS) Leipzig, im Rahmen der Erwachsenenbildung, die russische Sprache. In den Anfangsjahren war er dort auch maßgeblich an der Erarbeitung der Unterrichtsmaterialien beteiligt.
In diesen Jahren schlossen sich auch mehrere Übersetzer in Leipzig, z.B. Ernst Hassenrück, Jonny Schneider, Josef Köhler und Andere zu einem Übersetzerkollektiv zusammen.