1960 – 1962

Familie:

Meine Mutter Renate Köhler arbeitete bis Mitte 1962  als Kindergärtnerin und beendete dann diese Tätigkeit, womit auch die Kindergartenzeit für meinen Bruder und mich endete. Ab Mitte 1962 war sie Hausfrau, belegte im weiteren einen Lehrgang zur Erlangung der Sprachkundigenprüfung in Russisch, lernte Schreibmaschine schreiben und arbeitete mit Josef Köhler zusammen als Übersetzer.

1961/62 traten in Leipzig Ruhrerkrankungen auf, dadurch wurden erst mein Bruder im Krankenhaus Zwenkau, und dann mein Bruder und ich im Krankenhaus St. Georg Leipzig in Quarantäne genommen.

Anton Köhler führte seine Tischlerwerkstatt weiter und Philomena Köhler kümmerte sich mit unserer Mutter um uns Kinder und den Haushalt, was zu wachsenden Spannungen zwischen Renate und Philomena führte.

Mit der Einschulung meines Bruders im September 1962 an der Leibniz-Oberschule Leipzig begann für uns Kinder auch das Gemeindeleben in der St. Trinitatis Gemeinde Leipzig, da der Katholizismus im Leben unserer Familie, besonders bei unseren Großeltern, eine große Rolle spielte.

Arbeit:

Ein großer Teil der Arbeit meines Vaters Josef Köhler spielte sich auf Reisen ab die Dolmetschertätigkeit überwog und ich kann mich an viele Zeiten ohne unseren Vater erinnern. Auftraggeber in dieser Zeit waren die Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Mechanik Leipzig, das Amt für Wasserwirtschaft beim Ministerrat der DDR und andere. In seinem Reisepass sind Stempel von Moskau, Prag und Budapest. Es zeigte sich also, dass die Haftzeit von 1959 – 1960 auf seine Dolmetschertätigkeit kaum Auswirkungen hatte.

Im Jahre 1962 wurde die Vereinigung der Sprachmittler der DDR (VdS) als Sektion des Verbandes der Journalisten der DDR  (VdJ) gegründet. Josef Köhler war eines der Gründungsmitglieder.

Weiterhin unterrichtete er an der Volkshochschule (VHS) Leipzig die russische Sprache.

Die Arbeit bei der Nationalen Front (NF) der DDR endete bei der Haftentlassung, da sein Ausweis als Mitglied des Bezirksausschusses einbehalten und er nicht zu leitenden Mitarbeitern vorgelassen wurde, als er diese Angelegenheit klären wollte. Wahrscheinlich hatte auch die politische Lage in der DDR darauf einen Einfluss. War bis 1960 die gesamtdeutsche Arbeit wesentlicher Bestandteil der Arbeit der NF, so änderte sich dies im Jahre 1961, als die Teilung Deutschlands endgültig wurde. Somit hatte man keine Verwendung mehr für viele alte Mitarbeiter.

Josef Köhler bemühte sich in diesen Jahren auch weiterhin um seine endgültige Rehabilitation,betreffs seines Ausschlusses aus der SED, konnte aber nur erreichen, dass der Ausschluss in eine Streichung der Mitgliedschaft geändert wurde. Dies bedeutete, dass er de jure nie SED Mitglied war.

Ergänzung

Danke für die Anfragen, die mich im Zusammenhang mit den Artikeln vom 24.12.2009 und 31.12.2009 erreichten. Hier die Indizien, die für meine These von der politisch motivierten Verhaftung sprechen.
Das Ermittlungsverfahren, durchgeführt von der Leipziger Polizei, richtete sich gegen mehrere Personen:
–         Sehnert, Willy,
–         Rauschenbach, Gerth,
–         Rauschenbach, Erich,
–         Pfützner, Arnim und
–         Köhler, Josef.
Im Grunde ging es um illegalen Import von Kfz.-Ersatzteilen, Genussmitteln und Medikamenten aus Westberlin, im Zusammenhang mit devisenrechtlichen Verstößen.
Für die beiden Übersetzer (Mitglieder des Übersetzerkollektivs) Arnim Pfützner und Josef Köhler war die Verbindung zu den drei anderen Beschuldigten der inzwischen verstorbene Wolfgang Höher. Für sie wurde die Ermittlung auch beschränkt auf illegalen Import von Genussmitteln und Medikamenten im Zusammenhang mit devisenrechtlichen Verstößen.
Das Verfahren gegen Josef Köhler wurde aber sofort von den übrigen Ermittlungsverfahren abgetrennt und im weiteren Verlauf von dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) bearbeitet.
Dazu:  Schlußbericht VPKA Leipzig Tgb.Nr.: M 3824/59 vom 24.2.1969 Punkt 1.5.)

K Ö H L E R, Josef
geb.am: 18.3.1923, in Fleyh
wohnhaft in Leipzig C 1, Balczakstraße [sic!]17
ohne erlernten Beruf –
zuletzt als Übersetzer tätig gewesen
deutsche Staatsangehörigkeit – verh. – 2 Kinder
kein Vermögen – monatlicher Vierdienst [sic!] ca. 1.800,– DM
nicht vorbestraft
Beschuldigter befindet sich für Ministerium f. Staats-sicherheit in Haft

und Punkt V. besondere Bemerkungen:

Das Verfahren gegen K Ö H L E R wird bei der Dienststelle des MfS mitbearbeitet und zur Anklage gebracht. Wir bitten das Verfahren abzutrennen.

Aus diesen Fakten geht also hervor, dass Josef Köhler von Anfang an durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) in Haft genommen wurde.