Ab Januar 1946 ist der Aufenthalt von Josef Köhler in den Teillagern des Kriegsgefangenenlagers 7190 – Wladimir dokumentiert. Die Archivauskunft des FSB, Briefe von Kameraden wie H. Pochert und Hans Mahr und die Bücher von Mischket Liebermann und Heinrich Gerlach bestätigen dies. Auch das Büchlein „Erinnerungen“ kann man als Quelle benutzen. Dort sind Eintragungen von Kameraden, Gedichte, Zeichnungen und Berichte über die Kulturarbeit enthalten. Eine Namensliste aus diesem Büchlein habe ich bereits veröffentlicht.
Hier nochmals eine kurze Zusammenfassung der Zeit in den Lagern, die sich aus seinen eigenen Angaben ergibt.
1. Januar 1946 bis Anfang 1947 – Leiter der Produktionsabteilung der Lagerverwaltung, Lager 7190/I
2. Anfang 1947 bis Mitte 1948 – Lager 7190/III Dolmetscher bei der Untersuchungskommission für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Bataillonsführer
3. Mitte 1948 bis September 1948 – Leiter Sammellager 7190/V
Geht man von den Poststempeln der Karten aus der Kriegsgefangenschaft aus, so lässt sich der Aufenthalt in den Teillagern 7190/I, 7190/III und 7190/XII belegen.
Für die in Punkt 1 genannte Tätigkeit gibt es nur eine Bestätigung. Heinrich Gerlach schreibt über ihn, mit dem Pseudonym „Jupp Tröger“ benannt, in seinem Buch „Odyssee in Rot“:
Ein junger Mann in Zivil. Brauner Anzug aus Arbeitsdiensttuch, schwarze Halbschuhe, Schlips und Kragen. Darüber ein gebräuntes Gesicht, ein schwarzes Bärtchen auf der Oberlippe. Ein verblüffendes Double des Otto von Habsburg, des verhinderten Kaisers. Sudetendeutscher.[…] Jupp Tröger war, so viel wußte man schon, war als Arbeitseinsatzleiter vielleicht der mächtigste Mann im Lager. Er vergab die Arbeitsplätze. Die guten und die schlechten. Und die ganz schlechten, die viehischen in den Knochenmühlen, so etwas gab es. Er war Herr über Tod und Leben. Er allein überblickte alles, die russische Lagerleitung war ohne ihn hilflos. Mit den Sowjetoffizieren in der Budka sprang er um wie mit Rekruten.
Die Tätigkeit als Dolmetscher für Punkt 2. lässt sich nicht genau belegen, aber laut dem Brief von H. Pochert war er tatsächlich Bataillonsführer.
Zu 3. gibt es noch keine Erkenntnisse, das von ihm genannte Sammellager konnte nicht identifiziert werden.
Angaben über die Kulturarbeit habe ich bereits in verschiedenen Artikeln gemacht, auf die ich hier verweisen möchte. Auch der briefliche Kontakt zur Ruth Langhammer ist dort angeführt.
Ein Detail noch aus dem Jahre 1947. Unter der „Ode an die Sommernacht“ im Büchlein „Erinnerungen“ steht unter dem Datum 18. bis 19.August 1947 eine Adresse.
Москва 130, Ленингр. Шоссе, Село Никольское Дом 1, А. Синовева
[Moskau /30 [oder 130], Leningrader Chaussee, Dorf Nikol’skoye, Haus 1, A. Sinowewa]
Am 27. August 1947 schrieb Josef Köhler an seine Eltern:
Ich hatte vorige Woche die Gelegenheit mir die russische Hauptstadt anzusehen, und war dort einige Tage. Es ist eine wunderbare Stadt, groß und schön, es reicht leider auf dieser Karte der Platz nicht aus um ausführlich darüber zu schreiben. Aber ich kann verstehen, warum das Wort „Moskau“ für jeden Russischen Menschen ein heiliger Begriff ist.
Es wäre natürlich aufschlussreich, zu erfahren warum ein Kriegsgefangener einen „Kurzausflug“ nach Moskau machte und was sich hinter dieser Adresse verbirgt.
Am 10 September 1948 wurde Josef Köhler aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft entlassen, kam über Fürstenwalde/Spree zurück in die Sowjetische Besatzungszone. Er ging nach Leipzig und begann dort seinen Dienst bei der Deutschen Volkspolizei, zu dem er sich bereits in der Kriegsgefangenschaft verpflichtet hatte.